Beim Division-C-Wettbewerb vertrat Hans unseren Club in der Disziplin „Humorvolle Rede“.

Mit seiner Leistung legte er für unseren Club Ehre ein! Danke Hans!

Und so verlief unser Besuch:

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Ein neunstöckiges Gebäude im Zuckerbäckerstil der 50-er Jahre, nahe dem Dresdner Hauptbahnhof: die Hochschule für Technik und Wirtschaft, am 2.11.2013 Austragungsort des Division-C-Herbst-Wettbewerbs der Toastmaster.

Vier Steglitzer Toastmaster rollen im schwarzen Ford an, am Steuer der amtierende Präsident und Gründer Jürgen Hall. Dabei sind unser Wettbewerbsredner Hans Kaiser und als Unterstützung Patricia Steinmann (die Autorin dieses Beitrags, VP Ausbildung) und Anina Simke (Gründungsmitglied).

Hinweis-Schilder leiten uns vier Steglitzer durch das repräsentative Treppenhaus des Hochschulgebäudes hoch in den dritten Stock, vorbei an bunten Mosaiken mit geometrischen Mustern, durch lange Flure mit Vitrinen und Informationstafeln zur Geo-Informatik und Chemie-Ingenieurswesen bis hin zur Austragungsarena.

Die ist ein hoher und heller Seminarraum. Wir sitzen auf altmodischen Kufenstühlen aus hellem Holz und blauen Stahlrohr. Zur Stärkung gibt es im angrenzenden Flurbereich zunächst reichlich Kekse, Kaffee und vielerlei Tee, darunter einen vorzüglichen Thüringer-9-Kräutertee. Die Stimmung ist gut, die Agenda voll, Gastgeber Toni Lämmel (Präsident der Dresdner TM) präsent und herzlich wie immer. Als Honoratiorin anwesend ist Ruxandra Pöysti (Malmö Toastmasters), VP PR im District Board.

Was nun beginnt, nennen Toni Lämmel und Division-C-Governor Peter Henrich ostentativ „Ostdeutsche Meisterschaften“. Wir staunen! Denn geografisch ist der Begriff „Ostdeutschland“ falsch, liegt doch z.B. Erfurt in Thüringen westlicher als Regensburg, Passau und München in Bayern. Begrüßen wir Bruno Müller (Munich Media Speakers) als „Ostdeutschen“? Historisch ist der Begriff auch falsch, denn Ostdeutschland war für Jahrhunderte Schlesien, Pommern und Ostpreußen. Politisch ist der Begriff falsch, denn im Kalten Krieg war „Ostdeutschland“ eine Bezeichnung für die DDR. Ihre Bewohner waren die Ossis, und in West-Deutschland waren die Wessis. Dann gab es noch West-Berlin. Auf dem Gebiet der Neuen Bundesländer war Toastmasters bis vor wenigen Jahren eine reine West-Berliner Angelegenheit. Dort gab es seit den 90er Jahren die englischen Clubs First Berlin, South Berlin (verschieden) und Mercury und nach der Jahrtausendwende die deutschen Clubs Meisterredner, Spreeredner usw. Erst 2004 erfolgte eine Clubgründung in den ehemaligem „Ost-Gebieten“: die Berliner Redekünstler, damals in Friedrichshain (Ost). Die Gründerin Ines Wanka war Meisterrednerin (West). So haben alle Clubs in den Neuen Bundesländern – ausnahmslos – ihre Wurzeln im alten West-Berlin und sind bestenfalls „möchte-gern-ostdeutsch“. Lasst uns als Toastmasters bei der Terminologie unserer internationalen Organisation und damit die Division C des Distrikts 59 bleiben! Unbedachter Gebrauch unklarer Begriffe verstimmt.

Den deutsche Wettbewerb „Humorvolle Rede“ mit vier Rednern moderiert sympathisch-dynamisch Ralf Bettac (Adlershofer TM). Hans Kaisers (Steglitz TM) nimmt uns in „Tatort“ mit in seine Wilmersdorfer Stamm-Kneipe. Dort treffen sich Sonntagabend regelmäßig drei Tatortfans, darunter ein erimitierten Professor für Altgermanistik. Mit blutrünstige Leseproben aus dem Nibelungenlied („das Blut spritzt, die Rippen brechen, Siegfried röchelt“) lenkt er seine Freunde am 1.9.2013 so ab, dass sie das Kanzlerduell für den „langweiligsten Tatort aller Zeiten“ halten und enttäuscht sind, dass weder die „müde Frau mit der schwarz-rot-goldenen Halskette“ noch der „kampfbereite“ Kontrahent verhaftet werden. Kristian Rother (Spreeredner) schildert uns in „Rothers räumt auf“ Techniken, die der Optimierung der häuslichen Ordnung und dem Kampf gegen „blubbernde biologische Abwaschbrühe“ dienen. Am Schluss wird dann doch der Geschirrspüler ausgeräumt und der Schwamm geschwungen. Dirk Brückner (Leipziger Redefreiheit) kostet in „Alle Macht der Welt“ seine Allmachtsphantasien aus, die um Wetterbeherrschung und das Stalken attraktiver Stars kreisen. Marius Sypior (Berliner Redekünstler) lehrt uns in „Netter Zug“, wie wir mit guter Rhetorik im Zug hartnäckige Fenstergucker, Buchschmöcker und sogar Sabbernde überlistet. Dem Lernbereiten winkt ein schönen Sitzplatz inklusive nettem Gesprächspartner. „Man muss reden, man muss deutlich reden, man muss eindeutig reden!“ Das sind die drei Lektionen, die ihm den ersten Platz sichern. Herzlichen Glückwunsch, Marius!

Im englischen Wettbewerb treten zwei Redner auf. Pascal Heymann (Mercury) schildert uns in „Pop Star Status“ die Pick-Up-Technik eines „buffoon“-Freundes. Dieser spaziert mit zwei Fake-Bodyguards, einer davon ist Pascal, durch Berlin und versucht als vermeintlicher Star Frauen zu beeindrucken. Das Aufreißen klappt eher nicht, scheitert am Unvermögen des Möchte-Gern-Promis, aber: „It is a lot of fun“! Brent Kerrigan (Mercury) nimmt uns mit in seine Kindheit auf eine kanadischen Rinderfarm: „Terrible, horrible, no good at farming!“ Transatlantisches Bullerbue in den 80-er Jahren, ich wundere mich und revidiere meine Vorurteile aus „Eating Animals“ von Jonathan Foer. Da wird nicht industriell produziert, sondern mit der Hand gemolken! Kleine Jungen pissen gegen Elektrozäune und bestaunen, wie es der Bulle und die Kühe auf der Weide treiben. So wollen wir uns die Landwirtschaft vorstellen. Erster Preis für eine professionell vorgetrage Idylle aus Kindersicht!

In der Mittagspause kellt uns Chefkoch Steffen Schwanitz (Meisterredner) fruchtige Tomatensuppe aus, dazu saftiges Börek mit und ohne Fleisch und ein Spezial-Tzaziki mit Frühlingszwiebeln. Wir holen uns mehrere Nachschläge!

Zwei Steglitzer Toastmasters kennen Dresden noch nicht. Der Nachtisch kann deshalb nur die Dresdner Altstadt sein. In einer guten Stunde genießen wir die barocker Formfreudigkeit von Zwinger, Semperoper, Schloss, Hofkirche, Elbterrassen, Secundo Genitur, Albertinum und Frauenkirche (nein, nicht alles davon ist Barock) und die reizvollen Ensembles, die sich uns vielfältig bieten. Beim weiten Blick über die Elbwiesen reißt der Himmel auf, die tiefstehende Sonne taucht alles in goldenes Herbstlicht: Dresden ist wunderschön und heißt uns willkommen!

TyDresden20050921i0636-220x68Zurück im großen Zuckerbäckerhaus mit Meißner-Kachel-Fassade gibt er Kaffee und diverse leckere Blechkuchen. Dann beginnen die deutschen Stegreifreden und wir schlucken, als Ralf Bettac die Frage verliest: „Du bist Hans Christian Ströbele und erklärst Barack Obama, wie du Edward Snowdon ausfindet gemacht hast!“ Habe ich mich verhört? Hey, wir sind eine dezidiert unpolitische Organisation! Und, hey, wir benachteiligen unsere Frauen nicht. Mit hoher Stimme, Kleidchen und hohen Absätzen Hans-Christian Ströbele zu spielen, ist einfach „blöd“. Da waren die Bekenntnisse der Teilnehmer, dass man in letzter Zeit kaum Zeitung gelesen habe, es aber in Zukunft brav tun werde, unnötig. Dirk Brückner (Leipziger Redefreiheit) gewinnt, Uta Bunde (Meisterredner) erhält die Trophäe mit der Zwei.

Ja, die Siegerehrung: Wir leiden wieder, weil die gute Sitte, bei vier Teilnehmern nur die ersten beiden zu ehren, verletzt wird. Wir Toastmasters wollen nicht „den oder die Schlechteste“ bekanntmachen und so aussondern und beschämen. Sondern nur die Besten vor den Nicht-Besten (Plural!) auszeichnen. Bei vier Teilnehmern sind das zwei: der Erste und der Zweite, mehr nicht! Möge das in Zukunft wieder beherzigt werden.

Insgesamt ein gut organisierter, engagierter und freundlicher Wettbewerb. Es ist schon dunkel, als wir durch Nieselregen zurück nach Berlin fahren.

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