Die Mitglieder des Rhetorikklub Berlin

Wer sind eigentlich die Steglitz Toastmasters? Unser junger Club aus Berlin-Steglitz kennt die Antwort. In einem modernen Berliner Rhetorik-Club werden Reden gehalten und moderiert.

Zur Geschichte von Toastmasters

Die Idee, einen Rhetorikclub zu gründen, hätte eigentlich ein Berliner haben müssen, ein heller, wacher Kopf, der die Nase vorn hat. Aber es war ein Amerikaner, Ralph Smedley, der auf der Nase eine große Kassenbrille trug und von Beruf Lehrer war. Irgendwann arbeitete er für die YMCA, lange bevor diese von der Band Village People besungen wurde. Die christlichen jungen Männer, die Smedley dort betreute, waren gutwillig und anständig, aber rednerische Trauerklöße. Sie nuschelten, stierten Löcher in den Boden und versenkten ihre Hände in den Hosentaschen. Smedley verordnete ihnen ein regelmäßiges Rede-Training, kostengünstig, in kameradschaftlicher Club-Atmosphäre, denn öffentliches Reden ist eine tief-emotionale Angelegenheit, die dich in ein Wechselbad der Gefühle stürzt: Angst, Scham und größte Lust.

Smedley entwickelte Materialien, damit seine Toastmasters-Clubs, wie er sie nun nannte, auch ohne ihn üben konnten. Er war dabei ganz unpolitisch. Die gute Rede sollte seinen Schützlingen helfen, ihren amerikanischen Traum vom beruflichen Aufstieg zu verwirklichen und ihren Frauen zuhause Paroli zu bieten. Denn es waren die 1920-er Jahre, und Frauen mussten noch ein halbes Jahrhundert draußen bleiben.

Auch Berlin hatte seine ganz speziellen 1920-er Jahre. Auch da träumten kleine Angestellten und Handelsvertreter vom beruflichen Aufstieg. Doch die Redekunst hatten ihnen andere, politische Kreise weggenommen, und damit den Deutschen für Jahrzehnte die Freude an der guten Rede verdorben. Denn während die Toastmastersclubs im 20.Jahrhundert weltweit ihre Erfolge feierte, wurde in Berlin der erste deutsche Toastmastersclub, die Berliner Meisterredner, erst nach der Jahrtausendwende 2002 gegründet.

Wie kam nun Smedley auf den Namen Toastmasters? Für uns ist er eine Zumutung. Wenn man z.B. einen Redenstümper zu einem Clubabend einlädt, wehrt dieser stets erst einmal mit Albernheiten über Trinksprüche und geröstete Weißbrotscheiben ab. Da muss man als Toastmaster durch. Denn für Gründervater Smedley war Toastmaster ein Begriff voll Würde und britischer Lebensart.

Die frühsten Überlieferungen von Toastmasters kommen von den Sachsen, die zusammen mit den Angeln ab 406 n.Chr. die britischen Inseln eroberten. Bei deren Festen gab es folgendes Ritual: Der Wein wurde vor aller Augen ausgeschenkt, der Gastgeber machte einen Spruch oder Toast, trank als erster – und alle warteten gespannt darauf, ob er sich krümmte und verfärbte, wenn der Wein vergiftet war. Blieb er gesund, konnten alle fröhlich losbechern.

Später gab es für den Toastmaster besondere Weinbecher mit dickem Boden, die kaum Flüssigkeit aufnehmen konnten. So blieb der Toastmaster sowohl am Leben als auch nüchtern. – Der Toastmaster ist also die Person, die bei Festlichkeiten durch den Abend führt. Sie sorgt durch Ansagen und Trinksprüche für Stimmung, moderiert und achtet auf den allgemeinen Rahmen. Wie hieß diese Funktion bei uns? Waren die mittelalterlichen Truchsesse Toastmasters? Luther ein Toastmaster bei seinen Tischgesprächen? Goethe bei seinen Soireen? Die Salonnièren der Berliner Romantik in ihren Salons? Wahrscheinlich! In Deutschland hießen sie Gastgeber, Wirt, Zeremonienmeister, Conferencier oder Moderator.

Doch in einem modernen Berliner Rhetorik -Club, für den Sie sich gerade interessieren, wird gar nicht getrunken, sondern nur geredet und moderiert. Was erwartet Sie, wenn Sie uns die Freude machen, uns als Gast in unserem Berlin-Steglitzer Rhetorik-Club zu besuchen?

Unser Berlin-Steglitzer Rhetorik-Club

Wie in allen Berliner Clubs finden in unserem Berlin-Steglitzer Rhetorik-Club regelmäßige Treffen mit 18 bis 28 Teilnehmern statt, und zwar immer am 1. und 3. Mittwoch des Monats um 19.30 Uhr. Diese Treffen haben ein festes, vorbereitetes Programm, nach dem nicht nur die Berliner, sondern alle Clubs weltweit verfahren. Mitglieder halten vorbereitete Reden nach den Handbüchern, die aus Smedleys zehn rhetorischen Basis-Lektionen weiterentwickelt und professionalisiert wurden. Bei jeder Rede wird ein rhetorischer Aspekt geübt, z.B. die Strukturierung der Rede, die Ausdrucksweise, die Körpersprache, die motivatorische Prägnanz oder die visionäre Stärke.

Der Inhalt der Rede bleibt dem Redner überlassen. Die vorbereiteten Reden dauern zwischen fünf und sieben Minuten, bei fortgeschrittenen Projekten (Verkaufs- und Kritikgesprächen, simulierte Fernseh- und Radioauftritte, Vorlesen und Erzählen bis zum Vortrag historischer Reden und Gedichte) und Schulungsvorträgen aber auch bis zu 20 Minuten. Ein anderes, erfahrenes Mitglied bewertet die Rede direkt, zeigt dem Redner seine Stärken und gibt einige Verbesserungstipps.

Wie in anderen Berliner Clubs auch leitet der „Toastmaster des Abends“ als Moderator durch das etwa 90-minütige Programm, zu dem auch Stegreifreden, ein Spruch oder Witz des Tages gehören können. In der Regel werden zwischen 2 und 4 vorbereitete Reden gehalten und 3-7 Stegreifreden (spontane, unvorbereitete Reden. Wie in allen Berliner Rhetorikclubs werden neben der Moderation unterschiedliche Funktionen durch die Mitglieder ausgeübt. So steuert jemand mittels Ampelanlage die Zeit, jemand beurteilt die Grammatik und Wortwahl in den Redebeiträgen, jemand zählt die „Ähs“ und Füllwörter.

Damit das Lernen gelingt, ist die vertrauensvolle, wertschätzende und professionelle Atmosphäre bei Treffen in unserem Berliner Rhetorik-Club wichtig. Gäste sind bei den Steglitz Toastmasters jederzeit willkommen.

Patricia Steinmann, Steglitz Toastmasters, 2013

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